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Big Bang, zweiter Akt

Auf den Spuren des Lebens im All

Erschienen am 04.09.2003
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783570007761
Sprache: Deutsch
Umfang: 448 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Sternstunden der Kosmologie. Die Münchner Astrophysiker Harald Lesch und Jörn Müller haben Astronomie wieder lebendig und spannend gemacht. In ihrem Quotenhit im Bayerischen Fernsehen "Alpha Centauri" begleiten sie begeisterte Zuschauer auf den Spuren des Lebens ins All. In ihrem jüngsten Buch erschüttern Lesch und Müller die Theorie von der Einmaligkeit unserer Existenz und öffnen dabei einen einzigartigen Blick auf die Entstehung unseres Planeten. Denn zunächst ist die Frage zu klären, ob sich die Bausteine der Erde auch anderswo im Universum bilden konnten. Und ob die Entwicklung vom Urschleim zum Menschen reiner Zufall war oder Prinzip. Anhand neuester Forschungsergebnisse beschreiben die Autoren das faszinierende Zusammenwirken aller Komponenten im Mikro- und Makrokosmos, die das Leben erst ermöglichen. Und sie erzählen von der weltweiten Suche seriöser Wissenschaftler nach außeridischem Leben und ihren überraschenden Entdeckungen. Die beiden Autoren bieten eine Lehrstunde der Astronomie voller Neugierde, Fantasie und Erkenntnis. Spannend geschrieben und mit zahlreichen Abbildungen anschaulich gemacht.

Autorenportrait

Harald Lesch ist Professor für Theoretische Astrophysik am Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität München, Fachgutachter für Astrophysik bei der DFG und Mitglied der Astronomischen Gesellschaft. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er durch

Leseprobe

Was ist Leben?

Was war das Leben? Man wusste es nicht. Es war sich seiner bewusst, unzweifelhaft, sobald es Leben war, aber es wusste nicht, was es sei.
(Thomas Mann: Der Zauberberg)

Kommen wir nun zu einer der grundlegenden Fragen unseres Themas: Was hat man überhaupt unter Leben zu verstehen, oder besser: Wodurch ist das Leben auf der Erde, das einzige, was wir derzeit kennen, charakterisiert?
Hierzu gibt einen netten Witz: Ein katholischer und ein evangelischer Theologe sowie ein Rabbiner diskutieren über die Frage: Wann beginnt das Leben? Der katholische Geistliche legt sich sofort fest: 'Das Leben beginnt im Moment der Zeugung.' Der evangelische Pfarrer ist sich da nicht so sicher und bemerkt: 'Na ja, einige Tage müssen schon vergehen, bis wir von Leben sprechen können.' Der Rabbiner aber schmunzelt und meint: 'Das Leben, Freunde, beginnt, wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund tot ist.'
Es kommt also auf den Standpunkt an, von dem aus man die Dinge betrachtet. Was das Leben wirklich ist, lässt sich schwer definieren, obwohl wir natürlich rein intuitiv ein gutes Gefühl dafür haben, was lebt und was nicht lebt. Sicher ist, ein Brikett lebt nicht, die Luft lebt nicht, und Wasser lebt auch nicht. In anderer Zusammensetzung und unter anderen Umständen beginnen jedoch die gleichen Stoffe, aus denen das Brikett, die Luft und das Wasser bestehen, zu leben. Der Kohlenstoff im Brikett, der Stickstoff und der Sauerstoff der Luft und der Wasserstoff im Wasser sind die fundamentalen Grundbausteine des Lebens auf der Erde. Einfache Zellen sind im Wesentlichen aus Verbindungen dieser wenigen Elemente aufgebaut. Doch warum verbinden sich Atome einmal zu totem Gestein, zu Flüssigkeiten oder zu Gasgemischen und dann wieder, in anderer Form, zu einem Lebewesen, dessen Bewegungen man unter einem Mikroskop verfolgen kann?
Tote Materie wie Steine können sich äußeren Kräften nicht entziehen, sie werden vom Eis gesprengt oder vom Wasser zermahlen. Dabei bleiben die Bruchstücke jedoch immer Gestein. Luft und Wasser können einer äußeren Kraft ausweichen. Luft und Wasser verdrücken sich, könnte man sagen. Tote Materie ist willenlos und damit passiv. Doch das Leben hat einen Willen, es will überleben! Eine einfache Zelle kann sich äußeren Einflüssen anpassen, vorausgesetzt, diese Einflüsse sind nicht so gravierend, dass sie zu ihrer Zerstörung führen. Leben kann sich mit seiner Umgebung arrangieren, es kann sogar seine Umwelt langfristig verändern, sodass für das Leben günstigere Umstände entstehen. Leben ist ein aktiver Prozess, der sich nicht zufrieden gibt mit dem, was ist. Diese Unzufriedenheit und Unruhe, die der lebenden Materie eigen sind, führen zu einem Vorgang, der in der Natur einzigartig ist: nämlich zur Vermehrung von Leben. Organismen reproduzieren sich, sie erzeugen Duplikate von sich selbst. Leben ist ein Generationenvertrag, der nie gekündigt wird.
Die Kraft für immerwährende Veränderung, Vermehrung und Anpassung bezieht das Leben aus der Sonne. Die Sonnenenergie treibt in den Pflanzen die Stoffwechselprozesse der Photosynthese an. Atome und Moleküle bilden Verbindungen, deren gespeicherte Energie für die Aktivitäten des Lebens benötigt wird. Dabei entsteht freier Sauerstoff, der in die Atmosphäre entweicht. Teilweise werden die Sauerstoffmoleküle in Höhen von einigen Kilometern über der Erdoberfläche durch die Ultraviolettstrahlung der Sonne gespalten, und es bildet sich Ozon, der einen Teil des energiereichen Sonnenlichts schluckt. Dieser Ozonschirm schützt die komplizierten Molekülverbände lebendiger Wesen auf der Erde vor der zerstörerisch wirkenden Ultraviolettstrahlung der Sonne.
Doch vor einigen Milliarden Jahren sahen die Erde und das Leben hier ganz anders aus: Es gab keinen freien Sauerstoff in der Atmosphäre, keine Pflanzen und keine Tiere, nur winzige einzellige Organismen, die von dem reichen Vorrat an Substanzen lebten, die in ...