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Effektiv oder gerecht?

Die normativen Grundlagen von Entwicklungspolitik, Normative Orders 11

Erschienen am 13.02.2014, 1. Auflage 2014
36,90 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593500881
Sprache: Deutsch
Umfang: 326 S., div. Abbildungen
Format (T/L/B): 2 x 21.4 x 14.1 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

In Debatten über Entwicklungspolitik dominieren gegenüber den ethischen und rechtlichen meist die ökonomischen Fragen. Auch die Evaluierung von Entwicklungsprojekten folgt in der Regel ökonomischen Kennzahlen und der Auffassung von Entwicklung als wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Fortschritt. Dagegen wird häufig auf das Dilemma zwischen von außen vorgegebenen Wohlfahrtsideen und interner Selbstbestimmung der Nehmerländer hingewiesen. Angesichts der Kollision ihrer Leitbilder fragen die Autoren, wie Entwicklungshilfe gerechtfertigt werden kann. Sie entwickeln einen normativen Rahmen jenseits bloß ökonomischer Parameter, der auf einer Haltung der Nichtbeherrschung gründet.

Autorenportrait

Stefan Kadelbach ist Professor für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht an der Universität Frankfurt am Main.

Leseprobe

1. Phasen der Entwicklung Wie man den Transfer finanzieller oder technischer Ressourcen an andere Staaten auch bezeichnet, ob als Entwicklungshilfe, Entwicklungspolitik oder Entwicklungszusammenarbeit, das zugrundeliegende Konzept bleibt ambivalent. Zum einen scheinen derartige Leistungen einer ethisch unterlegten Verpflichtung zu folgen, die in Verträgen und Konferenzdokumenten global formuliert wird und sich darauf richtet, Staaten mit anfälligen Volkswirtschaften zu einer von existenziellen Nöten freien Selbstbestimmtheit zu verhelfen; die Charta der Vereinten Nationen erklärt die wirtschaftliche Zusammenarbeit daher zu einem ihrer Ziele (Art. 1 Ziff. 3, 55, 73, 75 UNC). Zum anderen setzen sie Ungleichheit zwischen den Beteiligten voraus, die mit der Rollenverteilung in Geber und Empfänger und den in ihr angelegten Möglichkeiten der einen Seite, der anderen Bedingungen zu stellen, alte Machtgefälle verfestigt oder neue schafft. Für die Entwicklungspolitik ist es also entscheidend, dass Entwicklung transitiv verstanden wird, als etwas Prozesshaftes, das beeinflusst werden kann. Die Anfänge standen im Zeichen der Idee, dass Unterentwicklung durch Fortschritt, durch aktiv gestaltete Modernisierung überwunden werden soll. Das Ziel ist ein Zustand, der durch höheren Wohlstand, mehr Freiheit und die technischen Möglichkeiten gekennzeichnet ist, diese Errungenschaften zu erhalten. Eine solche Wirtschaftsordnung würde ihre Wirkungen auf den einzelnen Menschen von allein entfalten. Der Erfolg - oder Misserfolg - ließ sich mit der Höhe des Bruttosozialprodukts oder der Rate wirtschaftlichen Wachstums messen. Dieser Ansatz, bewusst als Alternative zu sozialistischen Gesellschaftsmodellen formuliert, stieß schnell auf Kritik. Bestritten wurde daran aber zunächst nicht der Sinn von Entwicklung selbst; das Ziel, den Abstand zu den industrialisierten Volkswirtschaften zu verringern, war immer auch ein Ziel der neu unabhängig gewordenen, blockfreien Staaten gewesen. Die Kritik der Dependenztheorie richtete sich vielmehr auf die Machtasymmetrien zwischen den Akteuren. Die wirtschaftliche Ausbeutung Lateinamerikas und der ehemaligen Kolonien auf der Grundlage von Bündnissen zwischen den lokalen Eliten und auswärtigen Regierungen und Unternehmen nach kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten habe Abhängigkeiten geschaffen, deren Aufrechterhaltung im Interesse der industrialisierten Staaten liege. Diese Abhängigkeiten werden seit jeher bewusst außenpolitisch genutzt; am Beginn der internationalen Entwicklungspolitik standen der Kalte Krieg und das Motiv, durch wirtschaftliche Hilfe den eigenen Einfluss zu stärken. Aus dieser Kritik, die für eine Zuwendung zum Sozialismus plädierte, leitete sich die Forderung nach neuen Regeln ab, die sich im Projekt der so genannten Neuen Weltwirtschaftsordnung abbildeten. Diese Ordnung sollte in Handelspräferenzen, permanenter Souveränität über natürliche Ressourcen, Pflichten zum Technologietransfer, Mechanismen der Preisstabilisierung für Rohstoffe und einer neuen, auf gleichen Stimmrechten gegründeten Architektur der Finanzinstitutionen bestehen und in ein "Recht auf Entwicklung" münden. An der Gültigkeit der ökonomischen Parameter, an denen Entwicklung zu messen war, änderte sich jedoch nichts. Auch der Pflichtenstandard der Geberseite wird in dieser Währung ausgedrückt, wie die noch immer gültige, bis in die 1950er Jahre zurückgehende Forderung zeigt, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts für die Entwicklungshilfe aufzuwenden. Diese Neue Weltwirtschaftsordnung war nie mehr als eine Forderung. Die Aussichten, sie durchzusetzen, waren nicht günstig, und im geltenden Völkerrecht hat sie kaum Spuren hinterlassen. Schuldenlast, Kapitalflucht, Verfall der Rohstoffpreise und Bedarf an ausländischen Direktinvestitionen sind keine gute Ausgangsbasis für starke Ansprüche. Mit dem Ende des Kalten Krieges schwand zudem die vermeintliche Strahlkraft eines auf Mittel der planerischen Intervention setzenden Geg

Schlagzeile

Normative Orders

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