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Das Science Fiction Jahr 2009

Erschienen am 06.07.2009
29,95 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783453525542
Sprache: Deutsch
Umfang: 1594 S.
Format (T/L/B): 5.8 x 18.6 x 12.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Das einzigartige Jahrbuch! Batman, Superman, Spiderman - seit Jahren begeistern die Superhelden Millionen von Fans. Grund genug, den Helden unserer Zeit einmal auf den Zahn zu fühlen . Mit diesem und zahlreichen anderen Themen befasst sich das "Heyne Science Fiction Jahr 2009". Dazu: Interviews mit Greg Bear und John Scalzi, ein fantastischer und ein realer Besuch beim berühmten Teilchenbeschleuniger in Genf, Essays und Rezensionen zu aktuellen Büchern, Filmen, Comics, Hörspielen und Computerspielen. Der in Deutschland einzigartige Überblick über die Science Fiction in ihren multimedialen Erscheinungsformen!

Autorenportrait

Wolfgang Jeschke, 1936 geboren, ist der Großmeister der deutschen Science Fiction. Lange Jahre als Herausgeber und Lektor für die Heyne SF-Reihe tätig, hat er vor allem auch mit seinen eigenen Romanen und Erzählungen das Bild des Genres geprägt. Jeschke wurde mehrmals mit dem renommierten Kurt-Lasswitz-Preis ausgezeichnet. Zuletzt ist sein Roman "Das Cusanus Spiel" erschienen.

Leseprobe

Wenn er auftaucht, scheint es immer dunkel zu sein. Die Straße ist still, regennass. Seine Kutsche kommt aus dem Nirgendwo herbeigefahren, und plötzlich, ganz der zuvorkommende Mann von Welt, mischt er sich unter die Feiernden, mitten im Herzen der Pariser Gesellschaft. Er neigt zur Trübsinnigkeit. Er ist tadellos gekleidet, obwohl er immer dasselbe anzuhaben scheint. Als trage er ein Kostüm, sind seine Überkleider niemals schmutzig. Seine Redegewandtheit übersteigt die gewöhnlichen Fähigkeiten eines Menschen, aber er setzt sie - so scheint es jedenfalls - nur zum Guten ein: um den Teufel in Schach zu halten. Ihm ist jede Sprache des Erdballs vertraut, sobald er sie einmal gehört hat. Über seine körperliche Tüchtigkeit kursieren zwar nur Gerüchte, da er seinen Mut nie in der Öffentlichkeit beweisen muss, aber es heißt, sie sei übernatürlichen Ursprungs. Eine geheimnisvolle Gruppe von Dienern, die in der Kampfkunst der Samurai geübt sind, hält sich stets zu seiner Verfügung und folgt augenblicklich jedem seiner Gebote. Es heißt, er sei über die Maßen reich, obschon der Quell seines Reichtums irgendwo östlich von Golkonda liegen soll. Von seinem Leben erfährt man nur, dass er sich hin und wieder in ein unbekanntes Versteck zurückzieht, das wir heute als "Festung der Einsamkeit" beschreiben würden. Niemand kennt seinen Namen; allerdings lässt die Identität, derer er sich bedient, keinen Zweifel an seiner adeligen Geburt; und so weiß niemand etwas Verlässliches über seine wahre Herkunft. Überdies scheitern jegliche Versuche, etwas über seinen Reichtum oder seine Abstammung in Erfahrung zu bringen, an dem Widerstand sonderbarer Fürsprecher aus höchsten gesellschaftlichen Kreisen, will sagen, vonseiten der französischen Monarchie; was so viel heißt wie: "Er hat freie Hand." Im Laufe der Zeit zeichnet sich ab, dass seine Vertrautheit mit den Mächtigen Frankreichs nicht nur seine persönliche Rechtschaffenheit bestätigt, sondern auch seine grundlegende Funktion in der Welt von 1835: Sein Hauptansinnen, und das enthüllt sich scharfsichtigen Augen erst nach und nach, ist die Verteidigung Frankreichs. Einer nach dem anderen stellt er seine Gegenspieler bloß - Feinde, die ihn vor langer Zeit verraten haben, und an denen er jetzt Rache übt: Morcerf (der das Militär repräsentiert), Caderousse (die kriminelle Halbwelt), Danglars (die Finanzwelt), Villefort (das Gesetz); und alle erweisen sie sich als Hochstapler und Betrüger am Tisch der bürgerlichen Welt. Sie bloßzustellen heißt, die herrschende Kultur Frankreichs von denjenigen zu säubern, die sie von innen heraus zu zerstören beabsichtigen. Indem er seine Feinde vernichtet, verteidigt er Frankreich. Indem er das Böse besiegt, wendet er die Zukunft ab. Die Rede ist natürlich vom Grafen von Monte Christo, dessen Geheimidentität Edmond Dantes lautet. Er kam gerade zur rechten Zeit. Seit dem Tod Napoleons sind rund zehn Jahre vergangen. Nach Jahrzehnten des Aufruhrs ist Europa in völliger Reglosigkeit erstarrt, wenn auch die Gelenke der Gesellschaft gehörig knarren. Kommodifizierungen und andere ökonomische Erdbeben drohen, die Welt von Grund auf zu verwandeln: Was Fels war, wird löchrig, was massiv ist, zerfließt und verflüchtigt sich. Die überkommenen Herrscher klammern sich allerdings noch immer mit letzter Kraft an ihre festen Einkünfte. Ihre Bollwerke sind von riesigen und weitläufig miteinander verwandten und verschwägerten Bürgersfamilien bemannt, die den Ansturm von 1848 in Schach halten. Der größte Teil Frankreichs weiß davon noch nichts, aber die Menschen stehen kurz davor, gottlos zu werden. Nicht mehr lange, und Charles Baudelaire wird seine mahnende Stimme erheben, modernistische Blasphemien ausstoßen und allen den Boden unter den Füßen wegziehen. Er wird den Poobah, der Frankreich regiert, davon in Kenntnis setzen, dass er keine Kleider am Leib trägt; und aus seinem verfemten Mund wird Edgar Allan Poe alsbald Bauchrednern und die frankophone Welt mit seiner viralen Maßlosigkei Leseprobe